Ist die Information erst einmal raus, bist du auf die Fairness deines Teams angewiesen. Deshalb gilt: Du allein entscheidest, ob und wann du jemandem von deiner HIV-Infektion erzählst.
Hier ein paar Fakten, die dir bei der Entscheidung helfen können:
Was bringt mir ein HIV-Coming-out?
Das Versteckspiel hat ein Ende. Egal ob du zum Arzt musst, deine Medikamente ein nimmst oder dich gerade nicht gut fühlst – du kannst offen mit deinen Kolleg_innen über die Gründe sprechen. So kannst du auch bösen Gerüchten vorbeugen.
Wer sollte Bescheid wissen?
Je weniger Menschen du ins Vertrauen ziehst, umso besser kannst du dein Coming-out steuern. Wenn du nur deinen direkten Vorgesetzten oder den Betriebsarzt einweihst, bist du relativ sicher vor Tratsch: Diese unterliegen einer Fürsorgepflicht (Vorgesetzte) beziehungsweise einer Schweigepflicht (Arzt), sie dürfen Dritten deine Diagnose nicht mitteilen. Oder du erzählst nur deinen engsten Kolleg_innen von deiner Infektion.
Wie kann ich mein Coming-out steuern?
Je mehr Menschen von deiner Infektion wissen, desto weniger hast du in der Hand, wer noch davon erfährt. Betriebsrat und Betriebsarzt unterliegen einer Schweigepflicht, aber Kollegen könnten dein Coming-out weitertratschen.
Ein weiteres Problem: Manche Vorgesetzte denken, sie müssten aufgrund ihrer Fürsorgepflicht die Belegschaft über eine HIV-Infektion informieren. Das ist falsch, da im Arbeitsalltag kein Infektionsrisiko besteht. Am besten sprichst du dieses Thema direkt an, wenn du dich gegenüber Vorgesetzten outest.
Welche Konsequenzen kann ein Coming-out haben?
Das hängt sehr von deinem Arbeitsplatz ab. Vielleicht freuen sich deine Kolleg_innen über deine Offenheit und sehen sie als Vertrauensbeweis an. Dann wirkt sich dein mutiger Schritt mit Sicherheit gut auf das Arbeitsklima aus. Es kann aber auch sein, dass sie irrationale Infektionsängste haben und sich zurückziehen. Biete ihnen Informationen über dein Leben mit HIV an, das baut Vorurteile und Ängste ab.
Kann ich wegen HIV meinen Job verlieren?
Ja, aber das ist Unrecht! Oft wird behauptet, Menschen mit HIV dürften in vermeintlich „HIV-sensiblen“ Branchen nicht arbeiten, zum Beispiel in der Pflege oder in der Gastronomie. Das stimmt nicht! HIV ist schwer übertragbar, im Arbeitsalltag besteht kein Infektionsrisiko. Daher müssen auch in den vermeintlich sensiblen Bereichen wie im Labor oder in der Küche keine besonderen Maßnahmen beachtet werden, die über allgemeine Hygienevorschriften hinausgehen. Dennoch musst du mit den Ängsten und Vorbehalten deiner Kolleg_innen umgehen. Kläre sie über HIV in den jeweiligen Arbeitsumfeldern auf. Hole dir dazu Unterstützung – bei deiner Aidshilfe, deinem HIV–Schwerpunktarzt oder bei ICH WEISS WAS ICH TU und der Deutschen AIDS-Hilfe.
Welcher Zeitpunkt ist der richtige?
Den Zeitpunkt bestimmst ganz alleine du! Bei einem HIV-Coming-out am Arbeitsplatz sind alle Reaktionen möglich. Daher ist es wichtig, dass du dich sicher fühlst und eine selbstbewusste Haltung zu deiner Infektion hast. Bedenke auch deine individuelle Arbeitssituation. Ein Coming-out in der Probezeit ist zum Beispiel problematisch, denn dann kann man dir ohne Angabe von Gründen kündigen.
In welcher Situation oute ich mich?
Dein Coming-out wird Gesprächsbedarf hervorrufen. Du solltest deine Kolleg_innen daher nicht nebenbei über deine Infektion informieren, sondern einen ruhigen Moment abwarten, in dem du aufkommende Fragen beantworten kannst. Der Rahmen ist eine Typfrage: Manche bevorzugen ein Vier-Augen-Gespräch. Aber auch eine Teamsitzung ist okay, wenn sie nicht hektisch oder hitzig verläuft.
Wer kann mir bei meinem positiven Coming-out helfen?
Ein Coming-out als HIV-Positiver kostet Kraft. Suche dir Menschen, denen du vertraust und die dich unterstützen. Das können befreundete Kolleg_innen sein, deine Familie, dein Schwerpunktarzt oder Mitarbeiter_innen der Aidshilfe. Du kannst auch beim Betriebsrat oder bei der Gewerkschaft um Unterstützung bitten.
Muss ich auf meine Firma Rücksicht nehmen?
Ein HIV-Coming-out ist erst mal deine ganz persönliche Entscheidung. Trotzdem solltest du vorher auch mögliche Konsequenzen für andere Menschen oder für deine Firma abwägen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich dein Coming-out negativ auf sie auswirkt. So könnten Kunden von deiner Infektion erfahren und mit Vorurteilen reagieren. Das solltest du mit deinen Vorgesetzten besprechen. Sie werden dankbar sein, dass du ihre Interessen mitdenkst.
quelle :http://www.iwwit.de/themen/hiv-und-arbeit